Die Geschichte der Ibbenbürener Punkband Donots erinnert an die oft zitierte „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Legende. Als Schülerband in der Ibbenbürener Scheune 1993 / 1994 geboren, ging es ziemlich schnell ziemlich steil bergauf. Beppo Hawaiian, Sänger und Gitarrist bei den ebenfalls legendären Westerkappelner Hawaiians, konnte aus nächster Nähe beobachten, wie die Donots zu einer der wichtigsten Indierock-Bands Deutschlands wurden, und hat einen Teil der Historie mit- und die Geschichte aufgeschrieben.
Lest hier den ersten Teil (von ca. 100).
I Text: Beppo Hawaiian, Aufnahmen: Ingo Donots Fotoarchiv
Wenn ich an die DONOTS aus Ibbenbüren denke, dann fallen mir direkt unzählige Anekdoten und Erlebnisse aus den 90ern ein. Das zweite Donots Konzert überhaupt, bei dem ich im JKZ Scheune in der ersten Reihe stehen durfte… Das Benefiz Festival im Westerkappelner Schulzentrum, wo Guido Donot nach absolvierter Show einen üblen Asthmaanfall hatte… Ein Auftritt im Mettinger KOT, wo Useless Wooden Toys Bassist Matze am Bass einsprang und zwischendurch Otto Waalkes imitierte… Ein Support Slot für die Bullocks und Chinese Takeaway in der Westerkappelner Teestube vor ca. 30 zahlenden Gästen… Wie weit die DONOTS es mal bringen würden, war damals nicht absehbar. Aber live waren sie von Anfang an immer etwas besonderes, weil sie wussten, dass man sich durch eine wilde und unterhaltsame Show von der Konkurrenz abheben kann. Und genau das taten sie. Mit Sänger Ingo habe ich ein bisschen über die Anfangszeit der Band, die Szene in den 90ern, sowie den Jahren auf GUN Records geplaudert…
BEPPO: In den 90ern gab es eine tolle Szene in Ibbenbüren. Bands wie NOFX, Lagwagon, Green Day und Rich Kids On LSD haben das JKZ Scheune auf links gedreht. Warst du dir damals bewusst, was für eine besondere Zeit das war?
INGO DONOT: Ach, wie das halt immer so ist im Leben – so richtig weiß man erst, was man hatte, wenn es nicht mehr da ist. Damals war das schon eine tolle und unendlich florierende und inspirierende Zeit in der Scheune, aber wir kannten das gar nicht anders. Da waren unheimlich viele Kids unterwegs, die alle wirklich aus eigenem Antrieb heraus Bands gestartet, Shows veranstaltet und kleine große Momente kreiert haben. Wir hatten zum Teil drei Konzerte pro Woche PLUS irgendwelche Jugend-Workshops. Und das beste daran: Alles wurde aus städtischen Töpfen finanziert – sprich: Wir haben uns unsere Lieblingsbands in die Scheune gebucht, ohne selbst den Kopf finanziell in der Schlinge zu haben. Daher konnten wir auch so unfassbar günstige Ticketpreise anbieten: Ich hab beispielsweise mal eine Show veranstaltet mit Good Riddance, AFI, H20 und Guy Smiley und die hat damals 12 Mark gekostet. Im Nachgang betrachtet der totale Wahnsinn, wo man sich auch fragt, wie solche Touren damals überhaupt plusminus null für die Bands ausgehen konnten. Aber ja: Es war schon eine wahnsinnig tolle Zeit und wir hatten mit der Scheune einfach das große Glück, vom Standort immer die halbe Strecke zwischen Ruhrgebiet und Norddeutschland abzudecken. Dementsprechend kam das vielen Bookern gelegen, die internationale Bands auf Tour hatten. Wir waren quasi immer der kleinste Club der großen Touren und haben den Bands immer eine Möglichkeit gegeben, Off Day-Lücken mit einem weiteren Konzert zu schließen.
BEPPO: Aus heutiger Sicht ist es leicht nachvollziehbar, dass es im Umkreis Ibbenbüren, Münster und Osnabrück eine sehr vielseitige Musikszene gab. Gefühlt hat jeder in irgendeiner Band gespielt und einige von denen wurden international bekannte Größen der deutschen Musiklandschaft. Warum schnappen sich die Jugendlichen heute keine Kaufhausinstrumente mehr um einfach loszulegen?
INGO DONOT: Ohne hier wie der große Kulturpessimist klingen zu wollen: Ich glaube, man hat heute einfach gar keine Zeit mehr, kreative Langeweile zu entwickeln. Für uns war die Band Anfang der 90er, ohne Internet oder dem Treibenlassen in einer Großstadt, einfach eine Flucht aus der Teen-Tristesse. Wir wollten Bier trinken UND dabei was auf die Beine stellen. Es gab schlicht und ergreifend ansonsten nur die Möglichkeit, Disco-Prolet, Briefmarkensammler oder Fascho zu werden. Wir fanden Krach super und hatten mit der Scheune eben auch die Möglichkeit, fast für umme Proberäume zu nutzen und sehr früh schon eine Bühne für unsere Songs zu haben. Das ist ja heutzutage alles viel schwieriger. Proberäume kosten wahnsinnig viel Kohle, Clubs lassen vornehmlich etablierte Acts spielen und überhaupt: Die Möglichkeiten, sich über soziale Netzwerke zu definieren und sich immer ablenken lassen zu können von irgendwelchem kurzlebigen Kram, sind unendlich geworden. Ich glaube, da hat kaum jemand noch Bock, sich großartig selbst anzustrengen.
BEPPO: Inwiefern hat dieses Umfeld dazu beigetragen, dass ihr eine Band gegründet habt? Glaubst du, dass es die DONOTS heute geben würde, wenn ihr nicht aus Ibbenbüren, sondern aus Meppen kommen würdet?
INGO DONOT: Wie oben bereits angedeutet war die Scheune für uns einfach ein absoluter Kreativ-Tempel. Ohne die Auftrittsmöglichkeiten und den Applaus für die frühe Scheiße, die man so fabriziert hat, die Proberäume, überhaupt die ganze Unterstützung und eben das Stadtlandflucht-Game wären wir ganz sicher alles geworden, aber keine Band. Dafür sind wir ewig dankbar.
BEPPO: Welche Bands waren 1994 eure Haupteinflüsse, wenn du dabei an frühe Songs wie „A Little Song“, „Misery World“ oder „Nothing“ denkst?
INGO DONOT: Ach, ich glaube, vornehmlich waren wir damals – wie so viele andere auch – inspiriert von dem 90er Punk-„Revival“. Da hat man ja blind gekauft, solange das FAT, Epitaph, Dr. Strange, Burning Heart oder Hopeless Logo irgendwo hinten drauf war. Von Bad Religion bis Operation Ivy, von den Ramones bis Green Day, von NOFX bis Propagandhi und Down BY Law. Aber eben auch die Hosen und Die Ärzte.
BEPPO: Euren Stil habt ihr in relativ kurzer Zeit mehrmals gewechselt. Vom Fun Punk über Emocore bis hin zu dem was GUN Records schließlich als erfolgversprechend betrachtet hat. Tatsächlich habt ihr ja mehrmals das komplette Repertoire über Bord geworfen. Sprunghaft, oder einfach nur konsequent?
INGO DONOT: Ich glaube, wir sind halt einfach eine Band, die niemals Bock auf Stagnation hatte. Das war nie berechnend oder Trend-Reiterei oder so. Das war immer den Bands geschuldet, die man gern gehört hat. Und halt eben auch dem Moment, den wir im Proberaum oder Studio haben walten lassen. Das hat sich bis zum heutigen Tage nicht geändert. Die DONOTS waren immer eine Band, bei der viele verschiedene Einflüsse von fünf Typen zusammengekommen sind – und am Ende hat’s dann trotzdem immer nach uns selbst geklungen. Weil wir wahrscheinlich auch einfach nicht anders oder besser spielen können, haha!
BEPPO: Wie kam es dazu, dass du schließlich selbst das Booking für die Scheune erledigt hast?
INGO DONOT: Ich war glaube ich immer bei den Posi-Punks, die Bock hatten, lieber selbst was auf die Beine zu stellen, als einfach nur alles scheiße zu finden und dagegen zu sein. Ich hab in der Scheune schon früh Jugendgruppen betreut und mich immer schon aktiv an der Konzert-Durchführung beteiligt, vom Flyerverteilen bis zum Thekendienst oder Auf- und Abbau. Da war’s nur folgerichtig, dass ich irgendwann auch mal im Bookingbüro landen würde. Und dabei bin ich dann mehrere Jahre geblieben – weil ich auch keinen Bock auf Wehrdienst hatte und auf diese Weise quasi Zivi machen konnte.
BEPPO: Als Konzert-Booker wusstest du wie Bandbewerbungen – sowohl in positiver, als auch in negativer Hinsicht – aussehen können. Wie sahen denn eure ersten Bewerbungen aus? Ihr wolltet ja auch schnell raus aus Ibbenbüren, auf andere Bühnen in andere JZs…
INGO DONOT: Mit den DONOTS hab ich’s immer so gemacht, dass ich mir Fanzines und Musikzeitschriften gekauft und die Tourdaten durchgeblättert habe, um zu schauen, welche internationale Band unterwegs und welches der kleinste Club auf ihrer Tour war. Da hab ich mir immer die größten Chancen ausgerechnet, als Support spielen zu können. Und weil es zu der Zeit noch kein Internet gab, hab ich dann immer die Auskunft angerufen, mir eine Telefon- und Fax-Nummer geben lassen und habe dann einfach ungefragt Bewerbungen mit netten Zeichnungen rübergefaxt. Die meisten Veranstalter waren dann sehr perplex, dass es so pro-aktive Bands überhaupt gab und haben uns dann fast immer den Support-Slot gegeben. Das war super. Da waren wir dann früh schon im Vorprogramm von RKL, Down By Law, Propagandhi, Blink 182, Suicidal Tendencies, Lagwagon, Dwarves, Downset, Thumb oder No Use For A Name zu sehen. Wir haben mit so vielen unserer Lieblingsbands gespielt, Freundschaften für’s Leben geknüpft und echt viele Leute einsammeln dürfen, die dann später zu unseren eigenen Shows gekommen sind. Das war schon spannend zu sehen, wie das ganze immer mehr gewachsen ist, und auch einfach sehr belohnend und schulterklopfend, weil wir gemerkt haben, dass DIY eben nicht nur drei Buchstaben sind, sondern wirklich der Weg. Wenn Du es nicht selbst machst, macht es keiner.
BEPPO: Als Do-It-Yourself Punk Band macht man sich die Entscheidung einen großen Plattendeal zu unterschreiben sicherlich nicht leicht. Ihr habt ja schon ziemlich früh mit Bands wie den YETI GIRLS oder THE BATES zusammengespielt, die in der Szene als Punk Verräter verschrien waren. Wie habt ihr damals solche Bands wahrgenommen, die versucht haben mit Hilfe von Viva und Bravo TV groß zu werden?
INGO DONOT: Ich weiß selbst, dass ich als Kid-Punk immer direkt Sellout geschrien habe, wenn „meine“ Bands plötzlich auch von den Normalos auf meiner Schule gehört wurden. Völliger Bullshit im Nachgang natürlich, denn das Publikum sucht sich ja nun mal seine Bands aus und nicht umgekehrt. Nur, weil man einen dicken Deal in der Tasche hat oder das große Glück, dass dich ein paar mehr Leute auf dem Schirm haben, heißt das ja nicht, dass du per se ein Arschloch bist. Es kommt ja immer eher darauf an, was du mit deinem Status machst. Die Bates und die Yeti Girls waren einfach sehr nette Leute mit dem Herz am rechten nämlich linken Fleck. Das hat mich dann einfach immer gefreut, wenn man mitbekommen hat, dass tolle Bands auch gute Leute sind… egal, wo sie in den Medien stattfinden.
BEPPO: Beim Monsters of Punk Festival im Osnabrücker Hyde Park wurdet ihr von der Szene Polizei bereits angefeindet und ausgebuht, bevor ihr nennenswerte Erfolge zu verzeichnen hattet. Konntest du die Reaktion der Punks nachvollziehen?
INGO DONOT: Wir waren nie Klischee-Punks, die stundenlang vorm Spiegel gestanden haben, damit der Iro möglichst gerade in die Luft zeigt. Und wir haben immer schon viel mehr Einflüsse in unserer Musik zugelassen als die meisten anderen Punkrock-Bands da draußen. Das war also schon vom reinen Sound aber auch unserem Auftreten vielen Szene-Kids wahrscheinlich suspekt. Und die meisten Asseln hatten damals einfach ein Problem damit, dass da plötzlich von jetzt auf gleich eine Band gefühlt total groß war, die sie vorher nicht auf dem Schirm hatten. Dann stinkt sowas ja schnell nach Casting oder Steigbügelhilfe einer großen Firma, und das ohne DIY-Background. Wir mussten die Leute halt nach und nach überzeugen, dass wir unsere Sache schon ernst meinen und wir unsere Ideale haben und denen auch treu sind. Da bleiben Szene-Anfeindungen halt nicht aus. Schön ist, dass sich über die Jahre aber einfach unser Standing geändert hat, und die meisten jetzt nach spätestens 28 Jahren wissen, wofür wir stehen und dass wir eben nicht einfach nur eine Trend-Band sind. Wir sind Marathonläufer und immer noch die gleichen Typen von damals mit dem gleichen Antrieb und den Dingen, die uns weiterhin wichtig sind. Nur eben heute mit kompletter eigener Kontrolle: Eigenem Label, eigenem Management, eigenem Studio und und und…
BEPPO: Auf einem Festival fiel während eines Auftritts der Band MR. ED JUMPS THE GUN plötzlich der Strom aus. Was hattet ihr damit zu tun?
INGO DONOT: Haha, da fragste am besten unseren damaligen Soundmann Sascha für Details. Der hatte an einem Tag Geburtstag, als wir mit MR. ED auf einem Festival in Süddeutschland gespielt haben, irgendwann Ende der 90er. Sascha war jetzt nicht der größte Fan der Band und verschwand mit gehörigem Pegel und der Ansage „Ich habe heute Ehrentag und wünsche mir zum Geburtstag, dass diese Band aufhört!“ in der Dunkelheit des Festivalgeländes am späten Abend. Kurz darauf ging zuerst das Licht bei den Pommesbuden aus, denn das Licht auf dem Gelände, dann auf der Bühne und dann war auch der Sound aus. Sagen wir so: Der Stromkasten des Festivals war nicht gerade Sascha-sicher… 😀
BEPPO: Zu den Gestalten, die sich damals im JKZ Scheune rumgetrieben haben, gehörte auch ein gewisser Vincent Sorg. Wie kam es dazu, dass er euer wichtigstes „Demo“ aufgenommen hat?
INGO DONOT: Genau, Vince hat damals Anfang der 90er auch in ein paar Scheune-Bands gespielt, unter anderem bei der Metal-Persiflage-Band Goresaw und Helios, so einer Fusion-meets-Queen-meets-Pop-meets-irgendwas-Band. Daher waren wir uns schon früh über den Weg gelaufen, weil es immer die klassischen Scheune-Festivals gab, bei denen Bands verschiedenster Stilrichtungen gemeinsam gezockt haben. Wir hatten einen ähnlichen Humor und waren uns schnell Freund. Als wir dann die „Tonight’s Karaoke-Contest Winners“, unsere zweite DIY-Platte aufnehmen wollten, sollte das in einem guten Studio passieren. Also haben wir beim Principal Studio in Ottmarsbocholt hinter Münster angeklingelt, wo damals Bands wie die H-Blockx aufgenommen haben. Und siehe da: Vince hatte damals gerade als Praktikant dort angefangen und so kam es, dass wir mit den DONOTS seine erste eigene Produktion waren. Seitdem haben wir unendlich viele Stunden zusammen aufgenommen und sind wirklich dicke dicke Freunde – und Vince ist heutzutage halt einfach wahrscheinlich Deutschlands erfolgreichster Rock-Produzent mit Bands wie Die Toten Hosen, Broilers, In Extremo, Sondaschule und vielen anderen.
BEPPO: Wie kam es zum Deal mit GUN Records und wie war die Stimmung beim Unterzeichnen des Plattenvertrags?
INGO DONOT: Ich habe 1998 das Album „Tonight’s Karaoke-Contest Winners“ an diverse Zines geschickt, unter anderem auch an das VISIONS-Magazin. Die haben uns zum Demo des Monats gekürt und wir durften kurz darauf auf deren Bühne auf dem fabulösen BIZARRE Festival in Köln am Butzweiler Hof spielen. Das war so ein Newcomer-Contest, den wir verrückterweise gewonnen haben, obwohl wir eigentlich nur Bands wie The Cure, Green Day oder Iggy Pop gratis gucken wollten auf dem Open Air. GUN Records waren damals zum Teil in der Jury, zum Teil einfach vor Ort und fanden das super, was wir gemacht haben. Gleichzeitig hatte auch Peter Alqvist von Burning Heart aus Schweden Interesse bekundet, aber wir haben uns aus logistischen Gründen für ein deutsches Label entschieden. Burning Heart hatten das viel bessere Roster und Umfeld, aber GUN waren halt um die Ecke und zu der Zeit sehr erfolgreich mit Bands wie Guano Apes, HIM oder den Backyard Babies. Wir haben uns sehr gefreut, den Deal zu unterschreiben, hatten aber gleichwohl totalen Schiss vor einer Vermarktung und einem Image, welches nicht das unsere war. Das hat sich über die Jahre leider bewahrheitet, weshalb wir uns 2004 aus dem Deal rausgeklagt haben. Und dass wir mehr gefeiert haben bei der Vertragsaufkündung als beim Signing seinerzeit, spricht im Nachgang auch Bände. Wen die ganze Story interessiert: Die gibt es nachzulesen in unserem Buch „Heute Pläne Morgen Konfetti – Die Geschichte der DONOTS“, in welchem unser alter Freund Ingo Neumayer die ersten 25 Jahre der Band haarklein und wirklich toll nachgezeichnet hat.
BEPPO: Wie haben die es aus eurer Sicht verbockt?
INGO DONOT: Ich glaube, so ganz grün waren wir uns nie. GUN hatten eine klare Marketingstrategie, die ihnen zu der Zeit Ende 90er/Anfang 00er Jahre absolut Recht gegeben hat und wir waren wiederum nicht die leichteste Band in der Zusammenarbeit und haben sämtliche Ideen von GUN abgeschmettert, weil wir unseren eigenen Plan davon hatten, wie das Marketing für uns aussehen soll. Das ist keine gute Konstellation, wenn man eigentlich an einem Strang ziehen soll. Es war eigentlich immer ein Tauziehen aus „Label würde die Band gerne in die Kinderzimmer der Republik verkaufen mit coolem Snowboarder-Image“ und „Fuck you, wir haben den Kram vorher DIY gemacht und wissen schon recht genau, was wir wollen und was nicht!“
BEPPO: Ich erinnere mich an einen TV Auftritt mit Johann Grimmstein (ex-Freebees / ex-Lobotomys / ex-Vaders) am Umhänge-Keyboard. Was war da los? Frustabbau?
INGO DONOT: Sowas passiert dann halt, wenn man in Live-Sendungen eingeladen wird, die sich eigentlich nicht für die Bands interessieren, die sie einladen. Wir haben uns aus VIVA Sendungen wie „Interaktiv“ oder auch „Top Of The Pops“ immer einen Spaß gemacht, weil das eben nicht unser Ding war. Dann haben wir Playback gespielt und einfach Schulfreunde mitgenommen, die plötzlich mit Modern Talking Keyboard neues Bandmitglied waren, haben während des Songs die Instrumente getauscht oder sind aus Sendungen rausgeflogen, weil wir uns deren Meinung nach daneben benommen haben. Wir haben das aber immer so gesehen: Sendungen NICHT machen kann jeder. Aber hingehen und es AUF DIE EIGENE ART UND WEISE machen – das ist der Trick!
BEPPO: Was hat letztendlich das Fass zum Überlaufen gebracht? Gab es da einen Punkt X?
INGO DONOT: Als das Album „Got The Noise“ rauskam im Jahr 2004 hatten wir uns schon so aneinander abgearbeitet, dass es sich einfach überhaupt nicht mehr gut angefühlt hat, mit GUN zusammenzuarbeiten. Das Vertrauen war auf beiden Seiten verspielt. GUN haben dann das Album per Tape bemustert und die Tracklist des Albums kurzerhand verändert und Songs auf das Tape gepackt, die nicht mal auf der regulären Platte waren. Da war’s dann endgültig vorbei für uns. Das war ein Eingriff zu viel in unsere künstlerische Freiheit. Wir haben uns dann rausgeklagt aus dem Deal mit GUN und hingen 2 Jahre in der juristischen Luft, weil die BMG Anwälte einfach jegliche Fristen haben verstreichen lassen. Ob absichtlich oder nicht ist aus heutiger Sicht nicht mal mehr erheblich, denn für uns war damals klar: Lieber bringen wir kein Album mehr raus, als noch eines bei GUN. Das Label hat sich ein paar Jahre später dann aber selbst vor die Wand gefahren mit dem immer gleichen Marketing und wir waren glücklich, vorher das sinkende Schiff verlassen zu haben.
BEPPO: Was war Solitary Man damals und was wurde daraus?
INGO DONOT: Solitary Man Records war damals unser bandeigenes Label, welches wir in Japan aufgemacht haben. Wir waren dort insgesamt 8 Mal auf Tour und hatten mit den DONOTS Anfang der 2000er einen totalen Run in Nippon und mehrere Alben in den Top 3 der Charts. Daraufhin haben wir unter dem Dach unseres japanischen Verlages NTVM ein interkontinentales Indielabel namens Solitary Man aufgemacht und Bands dort veröffentlicht, die in Japan nicht offiziell zu haben waren. Wir hatten ein tolles Roster mit Künstler*innen wie Dover, Dropkick Murphys, Toy Dolls, Beatsteaks, Muff Potter, Boysetsfire und sogar Placebo. Und das Label haben wir dann 2008 nach Deutschland importiert, als wir mit den Donots endlich aus dem GUN Deal raus waren. Seitdem sind wir unser eigenes Label und neuerdings auch Heimathafen für Sondaschule, Smile And Burn und mein Allstar Old School HC Projekt Duchamp.
Bääm! Man soll immer aufhören, wenn es am schönsten ist. Diese Story wird natürlich fortgesetzt. Bald. Sehr bald. Die Storyline existiert schon. STAY TUNED!
Fast pünktlich zum 30. Geburtstag hat sich die Band selbst reichlich beschenkt. Was die Platzierungen der letzten Alben fast countdownartig bereits ankündigten (6 – 5 – 4), ist nun gelungen: Das neueste Donots-Album „Heut ist ein guter Tag“ stürmte bereits in der Veröffentlichungswoche kurz nach dem 03. Februar 2023 auf Platz 1 der offiziellen deutschen Charts. Wir verbeugen uns anerkennend vor dieser Band, die in den ganzen Jahrzehnten ihrer musikalischen Geschichte die Verbindung zu DIY und ihren Buddies nicht verloren hat.