Kornblumenblau – Wind gen Morgen
Format: Vinyl / CD
Out: August, 20th, 2021
Label: DIY
I
Super Fun Fact am Anfang: Vor einigen Tagen habe ich an dieser Stelle die neue ep der Thüringer Postpunkband Cortarmao besprochen. Kaum ist die Tinte auf dem Rezensionspapier getrocknet, klopft bereits das Album der nächsten Thüringer Band an die Tür. Im übertragenen Sinne natürlich. Kornblumenblau, deren Name auch einer Heimatkapelle (Volksmusik meine ich, nicht was Ihr denkt) gut zu Gesicht stehen würde, existieren seit 2014 und legen mit „Wind gen Morgen“ ihr zweites, in Eigenregie veröffentlichtes Album vor.
II
Kornblumenblau spielt in der klassischen Punkband-Viererbesetzung, wobei es noch eine Auffälligkeit gibt, die zu dem folkigen Namen der Band passt: Ein Akkordeon. In Gedanken sehe ich mich schon ein Review in Richtung Flogging Molly oder Dropkick Murphys verfassen (was absolutes Neuland wäre, da ich diese Bands nicht auf dem Radar habe), als ich die CD in den Player schiebe. Doch es kommt erstens anders, und zweitens als man denkt.
III
Der Opener „Haltlos“ bohrt sich ohne große Umschweife mit Ohrwurmcharakter in Deine Hirnwindungen und wer tanzen mag, der tanzt. Der Song funktioniert, wie auch die restlichen auf „Wind gen Morgen“ genauso gut im alternativen Jugendzentrum wie auf dem Stadtfest des klassischen Mittelzentrums. Clever, denn so erschließt sich Kornblumenblau einem breiten Publikum. Während der erste Song gnadenlos Konsumkritik übt, lässt der folgende Titelsong „Wind gen Morgen“ uns das Hintertürchen der gesellschaftlichen Veränderung offen. Das Akkordeon begleitet den treibenden Track angenehm entspannt und geht das Uptempo mit. Das funktioniert auch bei „Mücke“ gut, wo es heißt (übertragen): Niemand ist zu klein und unbedeutend, um etwas zu bewegen. Und dann: „Legal brutal“ ein fantastischer Anti-B*ll*n-Smasher, der die Message allerdings weitaus subtiler rüberbringt, als ich das hier schreibe. Sehr geil. „Flucht“ wechselt die Singstimme, was funktioniert, allerdings ist Paulines Gesang schon eine Bank. „Weiße Taube“, „Niemals“ und „Die Gleichen“ (mit Gunnar von Dritte Wahl) können ohne Weiteres alle Lieblingslieder werden, „Jetzt“ überzeugt dann allerdings nochmals mit einer Über-Melodie. Wer auf Tempo steht, dem sei „Ziele und Ideale“ ans Herz gelegt, „Leerer Rucksack, volles Herz“ im Duett mit Rico Hahn von Elossa bedient dann die Pop-Rockfraktion. It’s okay for me. „Du vent“ ein Song, der auch von den hier bereits zitierten „Dritte Wahl“ stammen könnte, schmeißt uns dann mit einem sauberen Tritt aus „Wind gen Morgen“.
IV
Textlich machen Kornblumenblau alles richtig (so wie wir es erwarten): Klare Kante gegen rechten Dreck, gegen Kriegstreiberei und politischen Vertrauensmissbrauch. Saubere Statements zur Krise der Situation Schutzsuchender, Welthunger, Klimakrise und Wirtschaftswahnsinn. Aufgrund der Themenvielfalt lege ich Euch ausdrücklich ans Herz: Lest das Booklet mit den Texten. Dafür habt Ihr das doch in der Schule gelernt!
V
Mit „Wind gen Morgen“ legen Kornblumenblau ein facettenreiches Punkrockalbum vor, das eine Menge Spaß macht. Schlussendlich gibt es keinen Aussetzer (All Killer, No Filler), es kristallisiert sich maximal der eine oder andere Favorit heraus. Das macht bestimmt auch live gute Stimmung, Hoffen wir, dass 2022 wieder richtig was geht! Bis dahin: Besorgt Euch „Wind gen Morgen“ und überbrückt die Wartezeit!
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„Haltlos“ on YouTube:
Punkte: 4,5/5
Abwechslungsreich, eingängige Melodien, textlich weit vorn: Kornblumenblau lässt mit „Wind gen Morgen“ richtig geh’n!
Uberflieger
Haltlos, Legal Brutal, Jetzt
1: bitte nicht kaufen 2: hörbar 3: gut 4: sehr gut 5: genial!