Aufwachen in Punxsutawney oder warum Heizungsluft der deutschen Wirtschaft schadet
Häufig habe ich abends ein Runner’s High: nämlich immer dann, wenn ich den ganzen Tag lang meinen wie auch immer gearteten Trainingslauf verschoben habe und kurz vor dem Einschlafen euphorisch den Gedanke fasse: Morgen früh vor der Arbeit, da machstet, mit töfter Musik ’nen 10er durch das schlafende Melle, mit dem Gefühl von Freiheit und Pioniergeist, allein auf der Strasse, im Anschluss heiss geduscht, frisch und voller Energie. Mit dem Gedanken im Kopf und einem Lächeln im Gesicht schlafe ich stets friedlich und zufrieden ein
Wenn nichts dazwischenkommt, rührt sich dann morgens um 4.30 Uhr der Wecker und fällt mir mit der unsäglichen Hitmusik von Einslive, bei der jeder Song wie der Andere klingt, auf denselbigen. Schnell drehe ich nmopcjh (russisch für: noch) mal um, und in 12% der Fälle war’s das mit dem Laufen.
Die anderen Male fühlt es sich an wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“: der Blick auf den Wecker, den ich aus Rücksicht auf die noch schlafenden Familienmitglieder NICHT zertrümmere, der Gedanke „mann, ist das heute kalt, bleib einfach liegen“ und dann das unheimlich zähe Aufstehen.
Irgendwann stehe ich dann, vornehmlich im Winter, dick eingemummt, aber mit kurzer Hose (We Will Never Wear Lange Lauftights Anymore, siehe fb) auf dem Hof, friemle noch am Startknopf meiner Uhr herum, und ab geht die (Schnecken-)Post.
Die nüchternen Läufe gestalten sich auch fast immer gleich: dem aus dem warmen Nest geworfenen Sportler ist a….kalt (schließlich ist der Temperatursprung höher, wenn man aus dem wohligen Bett kommt), ich kann keine Geschwindigkeit aufnehmen und die Sonne kann mit ihren Strahlen auch nicht für einen Stimmungsschub sorgen, weil sie noch gar nicht scheint.
Wenn die letzten Meter des Laufs beendet sind, kehrt sich alles wie von Geisterhand gesteuert um, und mit vor Stolz geschwellter Brust gehe ich den Rest des Tages an: ich habe schließlich meine Pflicht heute schon getan, wer was will, soll kommen, Eike gegen den Rest der Welt.
Phänomenal ist während des Laufens auch die Sauerstoffzufuhr im Hirn: was mir da alles durch den Kopf geht, gehört hinterher unter Verschluss. Die besten Ideen werden während des Joggens geboren, wenn man sie sich allerdings nicht merkt, verpuffen sie mit Übergang in den ersten geheizten Raum und alles ist wieder bei öööäääaaa.
Firmen würden gut daran tun, Brainstormings in Lauftreffs zu integrieren, aber genung davon, nachher klaut mir noch einer die Geschäftsidee.
Meine Artikel und Berichte sollte ich vielleicht auch im Freien eintippen, dann passiert es mir auch nicht, dass ich bereits beim Korrekturlesen denke, welcher gehirnamputierte grenzdebile Typ nur diesen Schwachsinn geschrieben hat
Gestern habe ich bei der Suche nach guten Läufergeschichten im web.2 den Blog von Birgit entdeckt und musste permanent schmunzeln. Sie schreibt, wie ihr der Schnabel gewachsen ist (sorry, Birgit) und ist dabei wirklich witzig. Leider hat sie ihren Blog begraben, wirklich schade.
Ist man eigentlich narzisstisch veranlagt, wenn man es nicht abwarten kann, seine gelaufenen Kilometer in Portalen wie www.Laufsport-Liga.de einzugeben und im Anschluss die Rangliste betrachtet (und sich ärgert, dass man nicht unter den Top 100 plaziert ist)? Oder fängt Narzissmus erst an, wenn man die Ergebnisse, sagen wir mal, zu seinem eigenen Vorteil äh, ein wenig aufhübscht?
Hiermit ist dann das Diskussionsforum eröffnet.
Dieses Wochenende bietet lauftechnisch den 15. Bissendorfer Crosslauf in, betrachtet man das Wetter, knöcheltiefer Matsche, so dass ich mich wie ein Dreijähriger austoben kann, ohne mit der Frage konfrontiert zu werden, wann ich denn endlich erwachsen werde.
Diese Woche knacke ich nach langer Zeit mal wieder die 50 km-Marke, yeah. Und…Willi go!